Die französische Madame de Thébe

Madame de Thèbes  (1845 † 1916), war das Pseudonym von Anne Victorine Savigny. Sie gab jedes Jahr einen Almanach mit ihren Prophezeiungen heraus. Was schon ein wenig an Nostradamus erinnert. Auch er hat Almanache heraus gegeben. Ihr Vater war Zimmermann. Ihre Familie lebte zu diesem Zeitpunkt in Ménilmontant, einem kleine Dorf nahe Paris. Ihre berufliche Laufbahn begann sie als Kassiererin in einem Herrenausstatter Geschäft. Später arbeitete sie als  Privatlehrerin einer bürgerlichen Familie. Ab etwa 1882 wurde sie Schauspielerin. Sie spielte aber nur kleine Rollen. Ihr Künstlername lautete Mlle Dhalyle. Die große Rolle ihres Lebens, kam erst später.

Sie blieb nicht am Theater, sondern wurde Kartenleserin. Ihr neuer Künstlername war nun Madame de Sauval . Zusätzlich beschäftigte sie sich mit Handlesen. Offenbar war sie sehr erfolgreich und auch schon bekannt, denn sie konnte den Sohn des Schriftstellers Alexandre Dumas, für sich gewinnen. Er interessierte sich auch für die Handlesekunst. Das war für sie der Start in die große Karriere als Prophetin. Er kannte viele wichtige Leute und machte sie mit diesen bekannt.

Dumas schlug vor, den bisherigen Künstlernamen gegen einen neuen, „Madame de Thebes", zu tauschen. Nach einem seiner Theaterstücke: La Route de Thèbes, bei dem es um eine mysteriöse Frau ging. Von da an ging es nur noch bergauf mit Madame de Thèbes. Berühmte Personen, wie z. B. Marcel Proust kamen zu ihr. Aber auch königliche Personen und Politiker. Ihr Name war in aller Munde. Sie war nicht mehr nur bekannt, sondern international berühmt.

 In ihrem Almanach für 1913 hatte de Thèbes einen Krieg vorher gesagt: Danach wird es keine Hohenzollern- oder Preußenherrschaft mehr geben.

 

Doch nicht nur sie prophezeite diesen Krieg, sondern auch mehrere Okkultisten und andere Wahrsager. Papus schrieb 1913: Dieses Jahr würde dunkel sein und viele Tränen, Blutvergießen und grausame Verluste mit sich bringen. Er bezeichnete sich aber nicht als Prophet.

Es lag also schon etwas in der Luft und so ist es nicht verwunderlich, dass Madame de Thèbes den Beginn des 1. Weltkriegs für das Jahr 1914 vorher sah. Sie war eben nicht die Einzige. In ihrem Almanach für 1914 schrieb sie:

Dieses Jahr werden wir die schwersten und entscheidendsten Stunden durchleben. Es wird ein Jahr sein,

besonders glücklich für Frankreich, trotz Blut, trotz Tränen und trotz Unruhe Omen, Sieg! Sieg! Von den Prüfungen des Schicksals haben wir nichts zu befürchten. Frankreich wird gestärkt hervorgehen, wiederhergestellt durch den Krieg.

Bezüglich Deutschland: „Alles ist beunruhigend. Die Person des Kaisers ist am meisten vom Schicksal bedroht. Es ist nicht der Siegesadler, den er auf seinem Helm trägt.

 

In der Neujahrsnummer 1899 des "Gaulois", prophezeite sie den Tod des Präsidenten Felix Fauvre. Am 16.2.1899 starb er.

 

Im Kurier vom 29.6.2014 liest man:

Das Wiener Journal erwähnt unter dem Titel "Die unheimliche Prophezeiung" die "bekannte Prophetin" Mme. de Thebe. Deren Prognose lautete zu Beginn des Jahres 1914: "Heuer, noch vor Ablauf der ersten Jahreshälfte, wird der Erbe einer der mächtigsten Krone der Welt mit seiner Gemahlin eines gewaltsamen Todes sterben."

 

Diese Prophezeiung bezog man auf die Ermordung des österreichischen Thronfolgers. Irgendwie logisch, nachträglich betrachtet. Man kann nun mutmaßen, Madame de Thèbes habe aufgrund ihrer vielen Informationen, die sie sicher von ihren männlichen und weiblichen Internationalen Kunden erhielt, rein logische Schlussfolgerungen gezogen. Das wird zu einem großen Teil auch der Fall gewesen sein. Aber diese eine Voraussage konnte sie nicht nur mit dem Verstand vorher gesehen haben. Natürlich weiß man nicht, ob sie dabei an den österreichischen Thronfolger gedacht hat. Das ist eben das Problem bei so manchen Voraussagen: sie enthalten zu wenige konkrete Hinweise. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit, es habe sich bloß um Zufall gehandelt, eher gering.

 

Sie schrieb auch Bücher und war damit ebenso erfolgreich, wie mit ihren Almanachen.

 

 Auf http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5601288s.r=Th%C3%A8bes.langFR kann man ihr Buch lesen: Madame de Thèbes, L’Énigme du rêve : explication des songes, Paris, librairie Félix Juven,‎ 1908. Es hat viele Seiten. Zu viele für mich.

 

Ihre Prophezeiungen wurden auch auf Postkarten gedruckt. Einige wenige findet man im Internet. Sie werden zum Verkauf angeboten, oder wurden bereits verkauft. Was darauf steht, sieht etwa so aus:

 

Elle a aussi de mauvais jours à traverser la grande Angleterre: Guerre intérieure et extérieure, révolution ou quelque chose d`equivalent, à propos de l`Irlande et à propos du sol, sans parler du péril indien. L`angleterre est peut-être le pays le plus en danger de bouleversements complets. Toute L`Europe est en transformation. Tout le reste du monde per la pénétration des instruments de progrès et des idées européennes est aussi en travail.

 

Sie hat auch schlechte Tage, um das große England zu durchqueren: Krieg im In- und Ausland, Revolution oder ähnliches, um Irland und um den Boden, ganz zu schweigen von der indischen Gefahr. England ist vielleicht das Land, das am meisten von einem völligen Umbruch bedroht ist. Ganz Europa befindet sich im Wandel. Auch der Rest der Welt ist durch die Durchdringung der Instrumente des Fortschritts und der europäischen Ideen am Werk.

 

 

Eine weitere Karte zeigt diesen Text:

Malheureuse Autriche! Et dire qu' á moment le destin lui semblait favorable! Que fallait-il pour réussir à ses maitres de demain? Plus de Bonté, plus de droiture, moins d `  avarice; mais l`ambition a parlé et nous verros, une fois encore, la roche Tarpéienne près du Capitole; les mains autrichiennes, aussi bien les slaves que les germaines, différent de destins; les slaves ont plus de signes ascensionnels. Je dois à l obligeance de précieuses amitiés viennoises, un nombre important de documents. J'en déduis qu'il n'est pas possible que la paix règne dans un pays ou l'union n'est que conventionelle et où tant d'intéréts s'opposent. Chaque jour qui passe augmente l individualisme des hommes et les besoins des collectivités. Les mains viennoises sont menacantes: émeutes, feu et sang. Les mains hongroisesplus effrayantes encore.  Du cote de la Bohème, Prague en alarmes, s'annonce plus hostile que jusqu'ici à l'Allemand. Conflits graves, embarras financiers redoutables, émeutes aussi et pis encore. Quant au drame impérial que j'ai prédit, il est bien près d'ètre accompli. Nul ne peut arrèter le destin!

Unglückliches Österreich! Und wenn man bedenkt, dass ihm das Schicksal in diesem Moment günstig erschien! Was war nötig, um erfolgreich zu sein? Mehr Güte, mehr Gerechtigkeit, weniger Geiz; aber der Ehrgeiz hat gesprochen und wir werden noch einmal den Tarpejischen Felsen in der Nähe des Kapitols sehen;

Österreichischer, sowohl Slawen als auch Deutsche, unterschiedliche Schicksale; die Slawen haben mehr aufsteigende Zeichen. Zahlreiche Dokumente verdanke ich der Güte wertvoller Wiener Freundschaften. Ich schließe daraus, dass es nicht möglich ist, dass Frieden in einem Land herrscht, in dem die Union nur konventionell ist und in dem so viele Interessen gegensätzlich sind. Mit jedem Tag wachsen der Individualismus der Menschen und die Bedürfnisse der Gemeinschaften.

Wienern drohen: Aufruhr, Feuer und Blut.

Ungarn sind noch beängstigender.

Auf der Seite Böhmens sieht das alarmierte Prag den Deutschen feindseliger aus, als bisher. Schwere Konflikte, gewaltige finanzielle Peinlichkeiten, Unruhen und Schlimmeres. Was das imperiale Drama betrifft, das ich vorhergesagt habe, so steht es kurz vor seiner Vollendung. Niemand kann das Schicksal aufhalten!

 

Es ist zwar nicht so unverständlich wie die Voraussagen des Nostradamus, aber sie hat schon einige Anleihen genommen, hat man das Gefühl, wenn man diese Zeilen liest. . Was sie in diesem Text sagt: Sie hatte Freunde in Österreich, die ihr erzählten, was sich in ihrem Land abspielt. Sie kannte also die Situation sehr gut und zog ganz sicher  logische Schlüsse. Das bedeutet aber auch, dass die Leute mit denen sie sprach, möglicherweise Voraussagen machten, welche sie dann nur übernommen hat.

 

Vieles was sie schreibt ist allgemeiner Natur. Ich weiß nicht, wann sie diese Voraussagen machte.Deshalb kann ich auch schwer sagen, was davon tatsächlich "neu" war, oder was sowieso schon jeder Mensch wusste.

 

Man müsste auch wissen was sie meinte, wenn sie von einem "imperialen Drama" spricht, welches sie vorher gesagt hat. Ob es sich um eine echte Voraussage handelt, kann man deshalb nicht wissen.

 

Ich hoffe, dass die Texte auf den Postkarten wirklich von Madame de Thèbe stammen, denn offenbar wurden unter ihrem Namen Prophezeiungen heraus gebracht, die nicht von ihr stammten. Sie beschwerte sich in einem Brief darüber, dass  unter dem Titel "Prédictions de Mme de Thèbes" gefälschte Voraussagen veröffentlicht wurden. Was bedeutet, dass man schon sehr vorsichtig mit den Texten umgehen und darauf achten muss, die originalen Texte zu bekommen.

 

Offenbar hatte sie keine lebenden Verwandten, zumindest keine die ihr etwas bedeuteten. Ihr Adoptivsohn war bereits verstorben. Denn in ihrem Testament legte sie fest, dass ein - auszuwählendes - sehr armes Mädchen, mit dem Geld aus dem Verkauf ihres Hauses, unterstützt werden solle. Sie war offenbar ein guter Mensch.

 

Im Jahr 1915 gab es einen schwedischen  Film, in dem Madame de Thèbe sozusagen eine wichtige Rolle spielte. Eine kuriose Geschichte, die sicher nicht der Wahrheit entsprang.

 Es geht darin um eine Zigeunerin. Sie wird von ihrem Vater verflucht und musste ihren unehelichen Sohn verleugnen, damit er ein erfolgreiches Leben führen kann. Sie gibt ihn einer wohlhabenden Dame. Der Sohn weiß nicht, dass seine wirkliche Mutter die berühmte Madame de Thèbes ist.  Der Sohn wird Politiker.

 

Mauritz Stiller, ein finnisch-russisch-jüdischer Regisseur, hat diesen Film gedreht. Stiller ging nach Schweden und arbeitete dort sowohl als Schauspieler am Theater, als auch als Regisseur bei Stummfilmen.

 

Parapsychologen und Skeptiker sollten sich mit dieser Wahrsagerin eigentlich beschäftigen. Immerhin hat sie ihre Almanache regelmäßig veröffentlicht. Man kann daher sehr gut nachvollziehen, ob ihre Prophezeiungen echte Voraussagen sind, oder nicht.

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